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Beitrag vom 18.02.2008
Jennifer Rostock - Ins Offene Messer
Stefanie Denkert
Neue Deutsche Welle 2.0: Auf ihrem großartigen Debutalbum überzeugen Jennifer und ihre Jungs mit coolen Texten und eingängiger punkrockiger Musik im NDW-Stil. Sehr empfehlenswert!
Die Riege der deutschen Frontfrauen ist um ein Bad Girl reicher: Jennifer, das verrucht aussehende "Alphatier", deren Nachname eigentlich Weist ist - und nicht Rostock, wie der Bandname vermuten lassen könnte. Neben ihr wirken Judith Holofernes (Wir sind Helden), Stefanie Kloß (Silbermond) und Eva Briegel (Juli) ganz schön brav - sowohl äußerlich als auch musikalisch. Jennifer singt lauter, ihre Texte sind dreckiger und der Sound ist härter.
Jennifer Rostock lässt die Heuchler ("Kopf oder Zahl"), die Materialisten ("Diadem") und die Poser ("Feuer") auf ihrem Debut Ins offene Messer laufen. Dem Aufreißertypen sagt sie im Opener auch gleich wo es lang geht: "Du hebst an jeder gleich dein Bein, markierst so dein Revier. Aber du beißt hier auf Granit, denn ich bin selbst ein Alphatier." In den 1980ern hätte man sie wegen ihrer kräftigen Stimme wohl als Rockröhre bezeichnet, aber Jennifer beweist unter anderem bei der Ballade "Gedanken, die man besser nicht denkt" sowie beim fluffigen "Nichts tät ich lieber" oder der großartigen "Leckt mich am Arsch"-Hymne "Himalaya" wahres Gesangstalent.
Seit 2007 ist Jennifer Rostock in den Clubs unterwegs, ihre erste Single "Kopf oder Zahl" läuft seit Monaten auf Berliner Radiosendern. Einem breiteren Publikum haben sich die WahlberlinerInnen bei Stefan Raabs Bundesvision Song Contest am 14.02.08 präsentiert, als sie für Jennifers Heimatbundesland Mecklenburg-Vorpommern antraten und sogar den fünften Platz erreichten.
Jennifer und ihr Keyboarder Johannes stammen eigentlich von Usedom und kennen sich schon seit Kindestagen. 2006 kamen sie gemeinsam nach Berlin und gründeten mit Locke (Gitarre), Christoph (Bass) und Baku (Schlagzeug) die Band Jennifer Rostock. Der Rest ist Geschichte bzw. dabei zu werden.
AVIVA-Tipp: Der Vergleich zu Ideal (Annette Humpe) drängt sich bei den Songs im synthiegeschwängerten NDW-Stil auf. Gesanglich gibt es eher zu Nina Hagen Analogien, aber Jennifer Rostock ist musikalisch zu vielseitig, als dass man sie auf den Neue Deutsche Welle-Sound reduzieren könnte. Ihre ansteckende Energie und die Punk- bis Classic-Rock-Elemente erinnern eher an die großartigen Juliette & The Licks (die Band von Schauspielerin Juliette Lewis) und machen "Ins Offene Messer" zu einem Must-Listen! Ohrwurmgarantie, gute Laune-Effekt und Tanzdrang sind übrigens inklusive!
Weitere Infos:
www.jennifer-rostock.de
Jennifer Rostock
Ins Offene Messer
Warner, Februar 2008